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Mit Monika und Manfred (M&M) im Friaul
San Daniele del Friuli - 21. April
Mittags trafen wir uns mit M&M in San Daniele auf der kleinen Piazza Dante Aleghieri nahe der Osteria Al Portonat. In dieser Osteria probierten wir zuerst den Schinken San Daniele.
In San Daniele sind über 30 Betriebe im weltberühmten Consorzio del prosciuto di San Daniele vereinigt. Das Consorzio wurde 1961 gegründet durch Hersteller, verschiedener anderer Unternehmen aus San Daniele und privaten Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Für die Mitglieder des Consorzio gilt ein Verhaltenskodex, an den sich alle halten müssen. Im Verhaltenskodex steht die Gesamtheit der gemeinsamen Werte. Der Schinken wird als ein natürliches und authentisches Lebensmittel betrachtet. Beeinflusst durch die Natur der Alpen, des Meeres und des besonderen Mikroklimas. Für die Herstellung wird italienisches Schweinefleisch aus den nördlichen Regionen verwendet. Sein Geschmack ist zart und mild. Wie in fast allen Gasthäusern im Friaul, steht auch im Al Portonat eine rote Berkel Maschine zum hauchdünnen Aufschneiden des Schinkens. Der wunderbare Geschmack des Schinkens lässt sich nur dann genießen, wenn er unmittelbar vor dem Verzehr geschnitten wird. Entweder mit der Berkel oder mit der Hand und dem Messer eines erfahrenen Meisters. Lange Liegezeiten mögen für Wein sehr berechtigt sein, für Schinken gilt es nicht.
Mit unserem kleinen Essen im Al Portonat war unsere kleine gemeinsame Reise durch das Friaul eröffnet. Auf den angebotenen Grappa unserer Gastwirtin verzichteten wir, weil M&M sich im nächsten Kapitel der Reise einen Besuch in der Distilleria Nonino wünschten. Die Distilleria liegt in Pavia di Udine, nicht weit entfernt von San Daniele. Beides kleine Orte, deren Produkte aber in der ganzen Welt bekannt sind. In der Distilleira empfing uns eine freundliche deutsch sprechende Signora und moderiert mit Schwung durch die kleine Degustation. Sie erläuterte und ließ uns probieren von den sehr vielen ungezählten Flaschen im Showroom. Unsere Begeisterung wuchs mit der Anzahl der Tastings. Zusammen kauften wir einiges davon und fuhren dann weiter in Richtung Corno di Rosazzo zur Villa Butussi, in der wir die nächsten Tage nächtigten.
Triest - 22. April
Am nächsten Morgen, einem Samstag, fuhren wir nach Triest, einer schönen und beeindruckenden Stadt mit wechselvoller Geschichte. Nur gut 200.000 Einwohner, keine Metropole, eher etwas kleinstädtisch. Ein Schmelztiegel verschiedenster Kulturen, eine Stadt der Literaten und eine Stadt der Winde. Und dies alles bestimmt das Leben der Einwohner. Wir näherten uns Triest über eine Serpentinenstraße, die uns durch das Karstgebirge führte. Von hier aus eröffnete sich uns ein wunderbarer Blick über den Golf von Triest. Sie lag eingebettet, wie eine glänzende Perle in einer Muschel, zwischen dem felsigen und schroffen Karst, welcher sich im Frühling durch seine vielfältige und farbige Fauna kontrastierend vom zarten Blau des adriatischen Meeres abhebt. Über die Uferstraße kamen wir ins Zentrum zum alten Hafen.
Triest ist die Hauptstadt vom Friaul, sein politischer, wirtschaftlicher und kultureller Mittelpunkt. Dieser Mittelpunkt befindet sich aber in äußerster Randlage im Nordosten Norditaliens, unmittelbar vor der slowenischen Grenze. Von hier fahren Reisende mit dem Zug in nur eine Stunde nach Ljubljana, nach Mailand wären es immerhin sechs. Zu Italien gehörte es in seiner mehr als 2000-jährigen Geschichte nur temporär. Das letzte Mal, dass Triest mit Italiens Herrschaft verknüpft wurde, ereignete sich 1954. Die Hin und Her der Geschichte Triests begann schon ungefähr 200 Jahre v. Chr. Die erste Ansiedlung der Römer nannte sich Tergeste. Nach den Römern kamen die Ostgoten und die Byzantiner, die Langobarden, die Franken und die Venezianer. Sie wurden anschließend von den Habsburgern abgelöst. Deren Herrschaft dauerte über 500 Jahre und in ihrer Zeit erfolgten Aufschwung und Blütezeit der Stadt, die bis zum Ende des ersten Weltkrieges andauern sollte. Danach erfolgte der Anschluss an Italien. Die Zeit des Faschismus und des zweiten Weltkriegs waren die Ursache für noch- und mehrmalige machthaberische Veränderungen. Einige Menschen leben noch heute, die mehrere Pässe in ihrer Biographie benötigten, obwohl sie ihren Wohnsitz nie veränderten.
Im Hafen begannen wir unseren Triestiner Spaziergang. Vom Parkplatz schlenderten wir in das alte Gelände des Hafens zum Kai Molo Audace, welcher sehr weit in das Meer hinaus ragt. Bis zu seinem Ende gingen wir und schauten auf alte und neue Hafenanlagen und den Golf von Triest bis dorthin, wo sich das Meer und der Himmel vereinten. Es war nahezu windstill und das Meer zeigte sich ruhig und glatt. So, als müsse es sich nach den kalten und rauen Tagen des Winters noch ausruhen. Wir sahen große Motorboote, die ruhig auf dem Wasser lagen, Möven kreisten darüber und wir schmeckten die frische und salzige Seeluft und fühlten den Sonnenschein und die angenehm warmen frühlingshaften Temperaturen. Den Kai zurückflanierend, sahen wir von dort die vielen neoklassizistischen und eklezistischen Prachtbauten entlang des Uferboulevards und auf der großen Piazza dell’Unità d’Italia. Und auf der Piazza gab es viel zu entdecken und zu sehen. Palazzi, wo sich Elemente aus der klassischen Antike und der italienischen Renaissance und dem Barock vereinen, Triestiner Klassizismus, Brunnen und Denkmäler. Eines davon zeigte den österreichischen Kaiser Karl VI., der auf einer hohen Säule über alles wacht.
Grund für den wirtschaftlichen Aufschwung war die Ernennung Triests zum Freihafen im Jahr 1719 durch Kaiser Karl VI. Es waren die Immigranten aus vielen verschiedenen Ländern, die in Triest ihr Glück versuchten und damit für lange Zeit das stärkste Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum in Europa auslöste. Diese bunte Gesellschaft bestand aus italienischen, deutschen, englischen, französischen, griechischen, armenischen, slawischen und jüdischen Händlern und Spekulanten. Von den Habsburgern wurde ihnen Religionsfreiheit zugesichert. Es waren die Neuankömmlinge, die es schafften, die Handelsschifffahrt auf dem adriatischen Meer zu beleben. Sie ließen damit Venedig hinter sich. Venedig zog es vor, sich nur erinnern zu wollen, dass es bis zum 16. Jahrhundert über die größte Handelsflotte zwischen Westeuropa und dem östlichen Mittelmeer verfügte. Sich alternativ zu Triest dem Wettbewerb dieser neuen großen Aufgabe zu stellen, das schafften die Venezianer nicht. Mit dem Aufschwung erfolgte auch eine erhebliche bauliche Erweiterung der Stadt. Neue Viertel wie das Borgo Teresiano (Theresienvorstadt) und das Borgo Giuseppino (Josephsvorstadt) entstanden. Italienische und österreichische Architekten sorgten für einen außergewöhnlichen architektonischen Glanz, der bis heute erstrahlt. Triest ist heute die einzige „österreichische Stadt Italiens“. Und sie ist die Einzige in Italien und Österreich, in der sie in einem Alt-Wiener Caffè sitzen können, der ihnen einen herrlichem Blick über die blaue und schöne Adria schenkt.
Nachdem wir uns einiges auf der Piazza ansahen, wechselten wir ins benachbarte Borgo Teresiano. Das Viertel ist nach der Kaiserin Maria Theresia benannt. In seinen meist kleinen Straßen zeigen sich Geschäfte, Weinbars und Caffè’s. Kirchen, die unterschiedliche Religionen beheimaten, römische Ausgrabungen und einem Canale, der geradeaus vom Meer kommend, in die Stadt hineingebaut wurde. Hier legten früher die Segelschiffe an und wurden ihrer Frachten be- oder entladen. Am rechten Ufer des Canale standen die Stände eines Marktes und es herrschte ein großes Menschen- und Sprachengewimmel. Nur langsam kamen wir in dem Geschiebe voran. Es gab nichts, was nicht angeboten wurde und dazwischen immer wieder freundliche Menschen, die uns ihre Speisen offerierten. Essen mochten wir noch nicht, dafür war es zu früh. Aber es war nicht zu spät für einen Caffè. Und Caffè’s und Bars gibt es hier unzählige. Wir bestellten due cappuccini e due caffè also zwei Cappuccino und zwei Espresso. Der Espresso heißt in Italien eigentlich caffè. Das Wort Espresso wenden Italiener in der Regel nicht an, nur wenn sie mit Touristen sprechen. Zu einem bestellten caffè sagen die Triestiner aber nero. Triest ist die Stadt in Italien, wo der meiste Caffè getrunken wird. Bestellungen dazu fallen, wie schon erwähnt, sehr viel differenzierter aus, als sonst in Italien üblich. Sie stellen eine hohe Kunst dar. Einige Beispiele: Ein cappuccino ist in Triest das, was sonst in Italien ein caffè macchiato wäre, also in einer kleinen Tasse. Dieser caffè macchiato nennt sich hier aber capo. Es gäbe auch einen capo in bi, was bedeutet, dass der Gast ihn in einem kleinen Glas wünscht. Möchte man nur wenig Schaum in die Tasse, dann wird aus dem caffè macchiato ein gociatto. Der cappuccino heißt übrigens caffè latte. Das wäre aber noch längst nicht alles…Die Baristi in Triest zählen mehr als 50 verschiedene Caffè-Zubereitungen.
Capriva del Friuli und Castello di Spessa - 23.April
Am vorherigen abend hatten wir noch im Ristorante La Subida gespeist. Das La Subida liegt an der Peripherie des im Weingebiet Collio liegenden Ortes Cormons. Das La Subida besteht aus Restaurationen, Essig Manufaktur, Hotelanlage und einem Gestüt. Sein Weinkeller ist weit über die Grenzen dafür bekannt, was in ihm liegt. Wir besuchen das La Subida jedes Mal, wenn wir Cormons und die Umgebung besuchen. Essen und Trinken sowie der freundliche und familiäre Empfang und die Gastfreundschaft sind für uns jedes Mal eine schöne Erfahrung. Eines der besten Gasthäuser im Friaul, die Küche prämiert mit einem Stern im Michelin. Regionalität und Saisonalität werden groß geschrieben. Obwohl das Meer nicht weit entfernt liegt, kommt nur auf dem Tisch was sich auf den Wiesen und Wäldern sowie den Flüssen und Gewässern rund um Cormons davon ernährt und in der Natur wächst. Und auch auf der Weinkarte finden sich außer beim Spumante nur solche Winzer und Weingüter wider, die aus dem Friaul, Slowenien und Kroatien, also der unmittelbaren Umgebung kommen. Heute Morgen stehen wir mit dem Auto auf dem Parkplatz von La Subida. Von hier starten wir üblicherweise unsere Wandertouren nach Medana in Slowenien oder nach Capriva del Friuli ins Agritourismo Orzan.
Das Agritourismo hat sich zu einer weit verbreitenden Form der Beherbergung von Gästen in Italien entwickelt. Ein Agritourismo stellt einen landwirtschaftlichen Betrieb dar, der Wert auf persönliche Kontakte zu seinen Gästen unterhält. In vielen Agritourismi wohnen die Gäste von einfach bis exklusiv in Gästezimmern oder Wohnungen. Da es sich um bäuerliche Betriebe handelt, kann den Gästen auch Essen angeboten werden. Und das aus den Produkten, die auf dem Agritourismo wachsen und hergestellt werden. Während des Wochenendes haben die Agritourismi die Tore für alle geöffnet, also auch für Gäste, die nicht dort schlafen. Das, was angeboten wird, kann in seiner Qualität, häufig als sehr gut bezeichnet werden. Zum Angebot gehören auch häufig eigene Weine und Olivenöle.
Ein solcher Agritourismo ist auch der Orzan in Capriva. Beim Start unserer Wanderung liefen wir durch das Anwesen von La Subida. Wir schauten von dort auf die wunderschöne Hügelwelt des Collio, in der sich Dörfer und Kirchtürme mit den Weinlandschaften vereinen. Collio bedeutet in der deutschen Sprache Hügel. Davon sahen wir sehr viele und unsere Blicke reichten weit bis nach Slowenien hinein. Der weit größere Teil des Collio liegt auf slowenischem Gebiet und heißt Brda, dem slowenischen Wort für Hügel. Zunächst gingen wir noch im Flachen, aber schon bald galt es, die ersten Hügel zu erklimmen. Das Collio hatte sich innerhalb weniger Tage durch Sonne und den angenehm warmen Temperaturen von der noch grauen Winterlandschaft in eine lebendige und blühende Welt verwandelt. Auch in uns rief es neue Lebensgeister hervor. Mit jedem Schritt tauchten wir mehr in diese Landschaft ein. Durch nichts lässt sich ein Gebiet besser erkunden und verstehen, als per pedes auf kurvigen Wegen abwechslungsreiche Landschaften zu queren. Nach acht Kilometern erreichten wir die Dorfpiazza von Capriva und legten eine kleine Pause ein. Die Wärme und die Wanderung hatten uns durstig gemacht und M&M wunderten sich, dass sie in der Panificio Iordan neben den ausgezeichneten Backwaren auch noch Prosecco und Wein anboten. Wir tranken erfrischenden und belebenden Prosecco und kühles Aqua Minerale und liefen ins nun nicht mehr weite Agritourismo Orzan. Die meisten Tische waren schon besetzt. Die Sonntagsmittagszeit ist den Italienern heilig für das Essen, ohne Reservierung wäre es schwierig, einen Tisch zu bekommen. Wir hatten aber reserviert und so bestellten wir zum Auftakt Prosciuto di Saurís, einem sehr leicht geräucherten Schinken aus dem Norden Friauls. Der Schinken zeichnet sich durch einen leicht süßlichen Geschmack aus und geht damit eine köstliche Verbindung mit dem Holz der Räucherung ein. Danach ging es weiter mit Pasta und Ragù sowie Baccalà (Stockfisch) und Tagliata di Manzo. Dazu probierten wir verschiedene Weine aus der Herstellung von Orzan. Einfache, gradlinige und unkomplizierte Weine, aber gäbe sie es auch bei uns, die Menschen vom Orzan hätten einige Freunde mehr. Nach dem Essen bedeutete, wieder aufzubrechen, um nach Cormons zurück zu laufen. Nun entschieden wir uns für einen anderen Weg, weil M&M noch das Castello di Spessa sehen sollten. Castello di Spessa ist eine wunderschöne Schlossanlage, gepaart mit kulturellen Park- und Gartenlandschaften. An diesem Tag wurde eine Hochzeit im Schloss und im Park gefeiert. Schon am Eingang eröffneten sie uns, dass wir nicht in alle Bereiche des Parkes besuchen durften. Die Anmut und Schönheit des Skulturenparks und der Gartenlandschaft begeisterte uns. Casanova, der auch hier weilte hatte bestimmt keine Mühen, die Grazien der Anmut in dieser bella atmosfera zu verzaubern. In der kleinen Weinbar schenkten sie uns einen Spumante Ribolla Gialla ein, den wir im Park im Pavillon tranken, uns über das gerade Gesehene freuten und an Casanova dachten.
Der Caffè war das Eine, ein anderes großes Thema im Friaul ist der Wein. Der Wein stellt etwas Besonderes dar. Dies gilt natürlich nicht nur für das Friaul, dies gilt auch für die anderen 19 Regionen Italiens. Warum? Italien ist weltweit der größte Erzeuger von Wein. In allen Regionen wird Wein hergestellt, in Deutschland sind es von 16 Bundesländern nur sieben. In allen Regionen Italiens wachsen autochtone Trauben. Autochtone Trauben sind Trauben, die nur in einem definierten Gebiet vorkommen. Damit sorgen sie für eine besondere Identifikation des Weines zu Ihrer unmittelbaren Umgebung. Internationale Trauben, wie Chardonnay, Pinot Grigio, Pinot Bianco, Sauvignon, Merlot, Cabernet und Cabernet Sauvignon wachsen und gedeihen auch in Italien und deren Winzer und Winzerinnen kreieren daraus auch herausragende Qualitäten. Aber die vielen autochtonen Trauben geben dem Land etwas sehr spezielles, etwas unverwechselbares, weil nirgendwo auf der Welt gibt es so viele von diesen Trauben, wie im südlichen Stiefel. Und die Weingüter versuchen, mehr von diesen besonderen Trauben zu keltern. Die weißen Trauben heißen Friulano, Ribolla Gialla, Malvasia Istriana, Picolit, Verduzzo, Vitovska und Glerá. Bei den Roten nennen sie sich Refosco, Pignolo, Schioppetino, Tazzelenghe und Terrano. Das Land stellt, betrachten wir die Quantität, die Region mit der geringsten Herstellungsmenge in Italien (nur 2% der Gesamtmenge von 51,0 Mio. Hektoliter). Damit ist es eine kleine Insel in einer riesigen Weinwelt. Besonders die Herstellung der Weißweine ist von einer herausragenden Qualität. In zehn verschiedenen Weinanbaugebieten wird der Wein angebaut. Die Wichtigsten sind das Collio, Colli Orientale del Friuli, Isonzo und der Karst. Und selbst die Weine dieser vier verschiedenen Gebiete, die nicht sehr weit auseinanderliegen, sind von einer sehr außerordentlichen Diversität im Geschmack.
Aquileia und Grado - 24. April
Morgens starteten wir zu einem Ausflug nach Aquileia und Grado auf.
Aquileia wurde 181 v. Chr. zu Verteidigungs- und Handelszwecken errichtet. Die Stadt entwickelte sich zu eine der wichtigsten Häfen an der Adria und zu einer lebendigen Stadt mit dem Hintergrund verschiedener Religionen und Kulturen. In Aquileia befindet sich heute eine der wichtigsten und bedeutendsten Ausgrabungsstätten Italiens. Seit 1998 gehört Aquileia zum UNESCO-Weltkulturerbe . Dazu gehört auch die berühmte Basilica Santa Maria Assunta. Um das 11. Jahrhundert wurde die Kirche nach dem Vorbild der Michaeliskirche in Hildesheim errichtet. Berühmt ist die Basilica wegen ihrer Mosaike. Diese Mosaike können über Glasstege besichtigt werden. In der Nordhalle am Campanile befinden sich über 600 m² Mosaikboden mit geometrischen Formen und Tieren in einer ruhiger Haltung, die den des friedlichen Zusammenlebens im Geist der christlichen Religion ausdrücken.
Nach dem Besuch in der Basilica schauten wir uns noch einige Ausgrabungen an. Eine Reihe von ihnen, wie z.B. der Binnenhafen, das Forum u.a. können kostenlos besichtigt werden. Anschließend fuhren wir weiter in das nur noch wenige Kilometer entfernte Grado.
Grado liegt auf einer Küstendüne am äußersten Rand vom Golf von Venedig. Grado wurde erbaut als Seehafen von Aquileia. Heute hat Grado gut 8.000 Einwohner und die Menschen leben von der Fischerei und vom Tourismus. Mehr als 30 Hotels stehen in Grado, es verfügt über 4 Campingplätze und ca. 50 Gasthäuser. Die Strände sind alle zum Süden ausgerichtet. Sie sind breit und im Meer fällt der Boden nur sanft ab. Eine Kurstadt ist Grado auch. Das Centro Storico verfügt über den typischen italienischen pittoresken Stil und der Autoverkehr ist daraus verbannt. So lässt sich sehr schön bummeln in den Fußgängerzonen und an der Strandpromenade. Die Gäste haben hier nicht das Gefühl, in einer von Touristen gefluteten Stadt zu sein.
Über die Via Testata Mosconi, einer langen geraden Brücke, die die friulanische Küste mit Grado verbindet, fuhren wir in die Viale Stazione, um das Auto zu parken. Von dort liefen wir in die kleinen Gassen bis zur Riva Enrico Dandolo. Die Riva liegt direkt an einer Wasserstraße, in der links und rechts die Fischerboote angedockt auf ihre nächste Fahrt ins offene Meer warteten. Die kleinen bunten Boote betrachtend, liefen wir den Kai entlang bis zum Ristorante Zero Miglia. Das Ristorante ist Teil der Cooperativa Pescatori Grado. Es war erst kurz nach 12.00 Uhr und wir bekamen einen sehr lauschigen schattigen Platz an der fensterlosen Front des Ristorante. Wir lachten über die papierne Speisekarte, die zu einem Fischerboot gefaltet auf dem Tisch stand. Die Speisekarte offerierte beste venezianische Fischküche. Zu meinem Glück stand alles übersetzt in deutsch auf der Rückseite. Meine an der Stelle oft nötigen Erläuterungen entfielen. Alles, was aus der Küche dann später kam, hätte besser nicht sein können: Antipasto di Pesce, Branzino alla griglia, Misto fritto di Pesce, Insalata di Pulpo und für alle ein Semifreddo di Nocciole. Dazu ein leichter friulanischer Hauswein, unsere Herzen schlugen fröhlich.
Palmanova und Venedig - 25. April
M&M nahmen heute Abschied vom Friaul und fuhren weiter nach Südtirol. Und auch wir nahmen Abschied von der Villa Butussi. Das Wetter zeigte sich darüber so traurig, dass es bei der Abfahrt anfing zu regnen. Die Villa Butussi war uns ein guter Gastgeber. Wir fühlten uns wohl und vor Venedig legten wir auf der Fahrt dorthin noch einen kleinen Halt in Palmanova ein. Die kleine Stadt hat es uns angetan.
Die Piazza im Centro ist überdimensioniert groß und sechseckig angelegt. Um die Piazza sind die Häuserzeilen und Straßen parallellaufend zur Piazza gebaut. Die außen um Palmanova stehende Stadtmauer ist als Stern mit neun Zacken gebaut. Diese besondere Geometrie basiert darauf, dass der Bau dieser Stadt ab 1593 durch die Venezianer als Festungsstadt gegen die Türken geplant war. Später diente sie als Festung gegen die Habsburger. 20.000 Menschen sollten hier leben, aber dazu kam es nie. Heute zählt Palmanova gut 5.000 Einwohner. Und kriegerische Auseinandersetzungen hat es nie gegeben. 1797 wurde Palmanova kampflos von Napoleon eingenommen.
Wir besuchten Palmanova regelmäßig in den letzten Jahren. Wir finden diese Architektur faszinierend und wir sind jedes Mal erstaunt, was die kleine Stadt am Abend so alles auf der Piazza zu bieten hat. Sehr viele Ristoranti, auch außerhalb der Piazza in den umliegenden Straßen, Weinbars, Boutiquen, am Abend wird auch schon einmal im Freien von den älteren Dorfbewohnern zu klassischen italienischen Canzoni getanzt. Und erwähnt werden muss die wunderbare Caffèteria Torinese, eine in jeder Hinsicht außergewöhnliche Bar, die zu dem 50ig besten Italiens gehört mit einem sehr faszinierenden Angebot an Speisen und Weinen. Für die Bar lohnt sich jeder Umweg. Warum gibt es so etwas nicht bei uns. Wir fuhren dann weiter in Richtung Venedig. Da wir noch einmal übernachten, beschloßen wir, uns in Quarto d'Altino ein Hotel zu suchen. Der Ort liegt in der Nähe von Venedig. Mit dem Zug fahren bequem in 20 Minuten in die Lagunenstadt. Am frühen Nachmittag, das Wetter war mittlerweile freundlicher geworden, gingen wir durch das jüdische Viertel zum Fischmarkt. Wir hatten Appetit auf Cichetti und einen Ombra.
Cichetti sind kleine Happen, die es in jeder Weinbar und in fast allen Lokalen gibt. Dazu wird ein Ombra, also ein Glas Wein, rot oder weiß, gereicht. Es gibt unzählige Varianten dieser Cichetti. Wir lieben diese Kombination. Wunderbares Fast Food, so wie wir es uns wünschen. Ein unverfälschter Genuss.
Anschließend besuchten wir das Viertel Castello.
Castello besteht aus 23 kleinen Inseln, eine davon ist die Insel Arsenale. Da findet sich vieles, was in irgendeiner Weise mit Schifffahrt zu tun hat, Werft und Waffenlager, sowie die Führungsmarineakademie und ein Marinemuseum. Die beiden großen Löwenskulpturen am Ingresso di Terra sind Beutestücke aus Griechenland, die 1687 nach Venedig kamen. Der größere Löwe stand vorher 2000 Jahre in Piräus.
Das Castello bietet den Vorteil, das selbst im Sommer nicht viele Touristen sich hierher verirren. Wahrscheinlich liegt es zu weit von Piazza San Marco und Rialto entfernt. Dabei ist der Spaziergang von Piazza San Marco entlang der Riva degli Schiavoni bis nach Arenale ein sehr nettes Erlebnis. Und in den kleinen Gassen auf den 23 Inseln lässt sich sehr viel schönes und interessantes entdecken.